social mediator zeitung

Anfang dieses Jahres erreichte mich eine Anfrage einer lokalen Zeitung. Da ich mich gerade im Urlaub befand, führten wir das Interview schriftlich. Hier können Sie die Fragen und Antworten nachlesen:

Redaktion:
Wenn man liest und hört mit welchen nach aussen hin banalen Klagen die Gerichte beschäftigt werden oder als Extrem von Familientragödien hört, dann glaube ich das so etwas oft aus kleinen Konflikten entsteht. Die wachsen einfach quasi unter der Decke, wenn sie nicht gelöst werden. Da glaube ich, kann ein Socialmediator mindestens manchmal helfen ein Feuer zu löschen bevor es zum Flächenbrand wird. Deshalb möchte ich in meinem Artikel darauf hinweisen und dem Leser erklären, was sich hinter dem Begriff verbirgt.

Social Mediator Thomas Jennrich:
Da stimme ich Ihnen zu. Konflikte haben eine Dynamik, die nach belegten Eskalationstufen an Dramatik zunehmen können, wenn die Parteien den Konflikt weiter füttern. Dies kann man sich wunderbar in dem Film „Der Rosenkrieg“ von Danny DeVito ansehen. Die letzte Stufe der Eskalation ist dann die Strategie – gemeinsam in den Abgrund.

Doch oft kommt es garnicht so weit. Oft kühlt der Konflikt ab oder die Konfliktparteien geben auf zu kämpfen, sind erschöpft oder resigniert. Das heißt aber nicht, dass der Konflitk gelöst ist. Er liegt nur auf Eis, ist sozusagen im Standby Modus. Er kann jederzeit durch unterschiedliche Faktoren wieder belebt werden und somit erneut Fahrt aufnehmen. Hier kann nun die SocilaMediation helfen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Konfliktparteien eine Lösung wollen,
bereit sind ihre Position zu verlassen und sich auf Veränderung einlassen möchten.

Dies zeigt, dass die SocialMediation bei Konflikten in denen die Parteien in einer Beziehung zueinander stehen besonders gut geeignet ist. Genauer betrachtet ist es tatsächlich eine Voraussetzung. Die Konfliktparteien stehen zu einander in mehr oder weniger engen Beziehungen, die sich nicht so leicht lösen können. Sie können dem Konflikt nicht aus dem Weg gehen, sei es in der Nachbarschaft, im Beruf, im Verein, in der Familie, bei Erbschaften, oder auch bei Betriebsnachfolge, in Schulen, in Seniorenheimen. Die Liste lässt sich nahezu beliebig erweiteren. Grundsätzlich möchte ich anmerken, dass ein Konflikt an sich nichts Schlimmes ist. Ein Konflikt bedeutet lediglich, dass etwas verändert werden will. So wie es bis jetzt lief, geht es nicht weiter. Die Reaktion der Beteiligten auf die anstehende Veränderung entscheidet über die Qualität des Konfliktes.

Redaktion:
Wie ist diese Ausbildung überhaupt entstanden und was war der Auslöser ?

Social Mediator Thomas Jennrich:
Um darauf zu antworten, möchte ich vorausschicken, dass es verschiedene Arten, Stile der Mediation gibt. Bekannt ist sicher die Wirtschaftsmediation. Wobei der Begriff auch nicht ganz klar umrissen ist. Dahinter können sich auch unterschiedliche Mediationsstile verbergen. Entscheidend ist, was die Konfliktparteien erreichen möchten. Wenn sie die Verbesserung ihres gemeinsamen Umgangs erzielen möchten, um z.B. das Arbeitsklima zu verbessern, ist die SocialMediation auch in der Wirtschaft sehr erfolgsversprechend.

Um nun in den sozialen Berufen eine Verbesserung zwischen den Beschäftigten, den Mitbewohnern aber auch bei den Patienten zu erreichen ist es wichtig, dass die Konflitke, die es unausweichlich gibt, professionell bearbeitet werden. Dazu ist eine außenstehende Person am besten geeignet, eine Person, die in keinster Weise in den Konlikt involviert ist. Ein Auslöser für die Ausbildung zum SocialMediator war die sogenannte transformative Mediation mit ihren bemerkenswerten Chancen mehr in den Fokus zu rücken. Konflikte können nachhaltig mit oft erstaunlichen Lösungen, die vorher nicht denkbar waren, gelöst werden.

Oft habe ich in den letzten Jahren als Mediator und als Ausbilder für Mediation erlebt, wie bereichernd und erfüllend für die Beteiligten eine Mediation sein kann. Trennungen können gelingen ohne dabei die Kinder als Druckmittel oder Erpressungsgegenstand zu missbrauchen. Familienmitglieder, die seit langem kein Wort mehr gewechselt haben, reden wieder miteinander, da sie der geschützte Rahmen der Mediation dazu ermutigt. Die Arbeit im Team wird wieder leichter und erfüllender, da Missverständnisse, die oft Grund genug für einen langen Konflikt sein können, ausgeräumt wurden.

Die SocialMediatoren haben dabei einen großen Anteil, da sie allparteilich alle Personen in ihren Positionen wertschätzen und sie nicht verurteilen. Sie bringen ihnen Empathie und Verständnis entgegen. Ich weiß, das ist ein großes Wort, aber SocialMediation trägt auch zu mehr sozialem Frieden bei. Ich durfte diese berührenden Momente oft genug mit erleben.

Redaktion:
Wann und wie haben Sie damit angefangen und warum ?

Social Mediator Thomas Jennrich:
Seit über 10 Jahren beschäftige ich mit kommunikativer Konfliktberatung. In ganz Deutschland bin ich unterwegs um eine wertschätzende Kommunikation zu unterrichten, aber auch um in konkreten Konfliktfällen die Beteiligten bei ihrer Lösungsfindug zu unterstützen. Dabei ist mir aufgefallen, dass es noch keine ausgesprochene Bezeichnung dafür gab, für das was ich tat.

SocialMediation erfindet das Rad der Mediation nicht neu, das hat Mediation nicht nötig. Aber ich bereichere es durch meine Erfahrungen und Methoden, die besonders darauf abzielen den Standpunkt der Parteien zu erweitern und ihren vermeintlichen Gegner als einen Menschen mit Gefühlen und Bedürfnssen zu erkennen, der jeder Mensch tatsächlich auch ist. Wenn Menschen in einen Konflikt mit anderen geraten, dann verschanzen sie sich immer mehr und wollen das schützen, was ihnen wichtig ist. Sie wollen nicht und nichts verlieren, verstehen den anderen als Gegner. Beide schützen sich vor Angriffen und errichten Barrikaden, verteidigen sich.

Der SocialMediator hilft dabei diese Eskalation zu unterbrechen und neue win-win Lösungen zu finden.

Redaktion:
Wie geht ein Socialmediator vor ? Gesprächsmoderator für die Konfliktparteien?

Social Mediator Thomas Jennrich:
Der SocialMediator arbeitet stark mit den Methoden der Gewaltfreien Kommunikation nach Dr. M. B. Rosenberg. Bei ihm habe ich gelernt und verstanden, wie wichtig die Ebene der Bedürfnisse ist. Auf dieser Ebene können sich die Konfliktparteien treffen und Verständnis für einander empfinden. „Sobald dies gelungen ist, ist jeder Konflikt in 20 Minuten gelöst.“ (Zitat Dr. M. B. Rosenberg)

Das hört sich leicht an, aber bis es dazu kommt kann es manchmal etwas dauern. Je nachdem wie weit der Konflikt schon voran geschritten ist, wie stark die Positionen verhärtet sind. Der SocialMediator handelt nach den ethischen Grundlagen eines jeden Mediators. Er ist neutral dem Auftrag gegenüber, allparteilich mit allen Beteiligten und verschwiegen. Er spricht kein Recht, ver- oder beurteilt nicht, stellt keine Diagnosen oder gibt Bewertungen ab. Er bringt viel Empathie für die Parteien auf und kennt die Regeln für eine gelingende Kommunikation. Wichtig bei all dem ist, dass die Beteiligten auch wirklich eine Lösung wollen, mitarbeiten und Verantwortung für sich und den Prozess der Mediaiton übernehmen.

Der SocialMediator will und darf keine Lösung vorgeben, die Lösung finden die Parteien mit Hilfe des SocialMediators. Nur so entstehen nachhaltige win-win Lösungen, das ist das Ziel einer jeden SocialMediation.

Redaktion:
Habe im Internet auch den Hinweis auf die Schulen gefunden. Was wäre da die Aufgabe ?

Social Mediator Thomas Jennrich:
Seit einigen Jahren bilde ich auch SchulmediatorInnen für den Verein Seniorpartner in School e.V. aus. Im Raum Passau und Vilshofen sind einige dieser SchulmediatorInnen seit Jahren bereits im Einsatz. Diese SeniorInnen arbeiten ehrenamtlich an Schulen als Mediator und als Coach, um Kindern und Jugendlichen eine andere Form der Konflitkbewältigung zu zeigen.

Sie handeln nach den gleichen Werten wie der SocialMediator. Lediglich die Form, manche Methoden und Gesprächsformen sind an die Bedürfnisse der SchülerInnen angepasst. Gerade für SchulmediatorInnen ist es immer wieder eine große Herausforderung die so genannte „Lösungslosigkeit“ auszuhalten, dass sie für die oft vermeintlich einfachen Konflikte der Kinder keine Lösungen vorgeben, die doch oft so nahe zu liegen scheinen. Der Sinn dahinter ist, dass auch die Kinder und Jugendlichen Verantwortung für ihr Tun übernehmen.

Nach der Mediation sollen die Kinder nicht sagen „Der Mediator hat gesagt wir sollen das so tun.“ – sie sollen sagen „Wir haben uns darauf geeinigt es so zu tun.“ Das fördert auch die Selbstwirksamkeit der SchülerInnen. Erst vor wenigen Wochen ging wieder eine Ausbildung in Gera zu Ende. Es immer sehr erfüllend für mich und bereitet mir große Freude, wenn ich engagierte SeniorInnen dabei unterstützen kann SchülerInnen zu ermutigen ihre Konflikte gewaltfrei zu lösen.

Redaktion:
Voraussetzungen für eine solche Ausbildung ?

Social Mediator Thomas Jennrich:
Das werde ich oft gefragt und jedes Mal mache ich mir dazu viele Gedanken.Voraussetzungen sind keine berufliche Qualifikationen es sind eher die social skills, eine soziale Kompetenz. Diese sind auch ein wesentlicher Bestandteil der Ausbildung. Ebenso braucht es eine hohe Bereitschaft der Selbstreflexion und ein Interesse an Menschen. Das wichtigste dabei ist die Fähigkeit der Empathie, auch das wird in der Ausbildung gelernt, bzw. vertieft und erweitert.

Nur mit Hilfe der Empathie gelingt es uns den Konfliktparteien bewertungsfrei zu begegnen und allparteilich zu bleiben. Sehr hilfreich ist auch wenn der SocialMediator eine gewisse Art von Humor mitbringt. Mit Humor meine ich nicht, dass Witze erzählt werden. Humor ist eine wichtige Art um Perspektivwechsel bei den Parteien anzuregen. Dazu gibt es unterschiedliche Methoden und Vorgehensweisen, die ich unterrichte. Humor in der Mediation – ein Tool, das es so nur in der Ausbildung zum SocialMediator gibt. In Passau und weiteren Orten startet eine neue Ausbildung zum SocialMediator im Frühjahr 2018.

Redaktion:
Zentraler Punkt scheint die Beziehungsebene zu sein oder ?

Social Mediator Thomas Jennrich:
Ja, ganau so ist es. Es gibt ein Bild für die Arbeit in der Mediation. Zwei Konfliktparteien sitzen an einem Tisch. Auf dem Tisch befindet sich die Sachebene unter dem Tisch ist die Beziehungsebene. Solange die Beziehungsbene nicht geklärt ist, solange sich die Konfliktpartien unter dem Tisch noch an das Schienbein treten, wird es keine nachhaltige Lösung auf der Sachebene geben.

Das wird oft bei Lösungsversuchen ausserhalb der Mediation falsch gemacht. Es wird zu schnell nach Lösungen auf der Sachebene gesucht. Oder es werden Lösungen von außen vorgeschrieben bzw. verordnet. Diese Lösungen sind dann nicht von langer Dauer, da sie an der Oberfläche etwas lösen wollen, was tiefere Ursachen hat. Die Aufgabe des SocialMediators ist nahezu ausschließlich die Arbeit auf der Beziehungsebene. Diese gilt es zu klären und zu verbessern.

Wenn dies gelungen ist, „ist jeder Konflikt in 20 Minuten gelöst.“ Dann können die Parteien gemeinsam eigene Lösungen auf der Sachebnene für sich finden. Somit entstehen die gewünschten win-win Lösungen. Die SocialMediation beruht auf der transformativen Mediation. Diese besagt, dass in jedem von uns die Fähigkeit ruht eigene Lösungen für unsere Konflikte zu finden. Doch durch den aufreibenden Kampf mit der anderen Konfliktpartei geht die Hoffnung und die Energie für diese Fähigkeit verloren. Die Parteien rufen dann an und sagen sinngemäß: „Wir haben schon alles probiert. Wir wissen einfach nicht weiter!“ Nun besteht die Aufgabe des SocialMediators darin erst einmal Empowerment zu betreiben und die Anwesenden wieder in Lösungsenergie zu bringen. Das bedarf aber auch die Mitarbeit, den Wunsch nach Veränderung und Eigenverantwortung bei den Parteien.

Der SocialMediator ist also auf die Mitabeit der Konfliktparteien angewiesen. Wenn diese Bereitschaft vorhanden ist, dann steht tragfähigen und bereichernden Lösungen nichts mehr im Wege. Eine Übersicht der SocialMediatorInnen finden Sie auf der Website www.socialmediator.de